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Mein Leben mit Asperger-Syndrom

Jetzt erzähle ich mal etwas mehr über mein Defizit. Mit sechs Jahren hat man bei mir das sogenannten Asperger-Syndrom diagnostiziert.

Jetzt erzähle ich mal etwas mehr über mein Defizit. Mit sechs Jahren hat man bei mir das sogenannten Asperger-Syndrom diagnostiziert. Ich habe davor gemerkt, dass ich irgendwie anders bin als die anderen Kinder. Die wenigstens konnten meinen speziellen Humor teilen. Meine Kommunikationsart mit anderen war auch sehr schwierig. Dafür konnte ich mir von etwas mehr als ein duzend Ländern die Hauptstädte auswendig merken. In der Grundschule wurde ich zum Erdkundefreak.

Die Jugendzeit.

Die Jugendzeit der durchschnittlichen Jugendlichen besteht häufig im: Party machen, mit Kumpels Mist bauen, zocken, Fußball spielen, erste Liebe usw.
Meine Jugendphase verlief relativ ruhig und die Thematik Liebe verstand ich erst ab so 17 Jahren langsam.
Ab der 6. Klasse gab es selbstverständlich das Thema: Sexualunterricht.
Den Sinn von dem Akt: „Liebe und Sex“ verstand ich trotzdem nicht.
Immerhin wusste ich ab dem Zeitpunkt, was Sicherheitsvorkehrungen zu treffen waren, falls es mal zu einer praktischen Ausübung kommen sollte.
Ich gehörte der Sorte von Typen, die sich sogar freiwillig strikt an den FSK-Angaben der Filme und Videospiele richteten. Ich schaute erst Filme ab 16 an, als ich mindestens 16 war 😀
Draußen spielte ich häufig mit meinem Bruder und anderen Jugendlichen aus der Nachbarschaft. Dennoch blieb ich ziemlich für mich. Ich mochte es lieber mich alleine zu beschäftigen. Den genauen Grund dafür kann ich nicht richtig erklären. Mal was mit einem Freund zusammen spielen mochte ich schon mal, aber für eine begrenzte Zeit. Spontane Entscheidungen fielen mir sehr schwer. Ich brauchte meine streng selbsterstellte Routine.
In den Augen von vielen Altersgenossen: „Langweiliger Typ“ oder „Streber.“
Sicher ein Grund, warum mich meine Mitschüler zum Mobbingopfer deklarierten.
Mein Selbstbewusstsein war alles andere als groß. Ich hatte viele Ängste und konnte unter sozialen Druck schnell einknicken.

Mit 12. Jahren fing ich an, viele Bücher zu verschlingen. Etwa mit 13. Jahren kamen Fantasy-Bücher dazu. Ich hatte Probleme mit dem eigenständigen Lesen und Verstehen, aber meine Mutter half mir, bis ich ohne Verständnisprobleme Geschichten durchlesen konnte.
Mit 14. Jahren fand ich meine Leidenschaft im Geschichten schreiben.
„Das Goldene Zauberschwert“ entstand. Den Hauptschulabschluss schaffte ich 2009. Dann begann ein neues Kapitel in meinem Leben: die Ausbildung.
Als Beruf wählte ich den Bürokaufmann, weil mir die Arbeit am PC gefiel.

Das Leben als Erwachsener.

Die Ausbildung schaffte ich und nun arbeite ich als Bürokaufmann. Das Thema „Liebe“ hatte ich in der Zwischenzeit durchschaut. Die praktische Erfahrung hielt sich zwar stark in Grenzen, aber mir machte es nichts aus.
Ab dem Jahr 2011 begann ich mich für politische und Gesellschaftliche Themen zu interessieren. Als Jugendlicher hatte ich Angst vor den schlimmen Ereignissen auf der Welt. Mir war zu dem Zeitpunkt klar: Ich kann mich entweder in meiner Sandburg verstecken oder das Chaos um mich herum, versuchen zu verstehen und zu analysieren. Ich entschied mich für Letzteres.

Ab dem Jahr 2014 wurde ich langsam kritischer gegenüber Religionen. Bis dahin war ich ein recht gläubiger Evangelist. Die Skepsis half mir meine letzten Ängste zu nehmen. Ich hatte häufig Angst als Gläubiger: Mache ich alles richtig oder werde ich am Ende bestraft? Ich musste feststellen, dass die Sicherheit der Religionen auf Schein basiert. Gewissheit kann niemand einem geben, was nach dem Leben kommt und was zu tun ist, um sich einen guten Platz zu reservieren – falls es überhaupt gute Plätze gibt.

Spontane Entscheidungen machen mir inzwischen nichts mehr aus. Ich führe gerne Smalltalk und verstehe Humor. Mimik lesen geht mittlerweile recht zuverlässig und ich kann abschätzen, ab wann man lieber ruhig sein sollte, bevor der andere an die Decke geht. Ich bin zufrieden und liebe es, die Welt zu analysieren – auch wenn sie grausam ist.

Fazit:

Selbst mit Asperger-Syndrom kann man durchs Leben kommen und sich weiterentwickeln. Die Defizite können reduziert werden. Mir haben Therapeuten und meine Mutter sehr geholfen, dass ich zu dem Menschen geworden bin, der ich heute bin.

Anders als der Durchschnitt bleibe ich und meine Defizite können mal mehr und mal weniger zum Vorschein kommen. Was ist daran so schlimm? Der sogenannte „normale Mensch“ hat ebenso seine Defizite und Probleme. Mich dem Normbild der heutigen narzisstischen Gesellschaft anzupassen, will ich nicht. Dieses Normbild finde ich nicht Lebenswert!
Ich bin froh, so zu sein wie ich bin.
Vielleicht ist Asperger-Syndrom eine Art um mit der verrückten Gesellschaft klarzukommen.

2 Antworten auf „Mein Leben mit Asperger-Syndrom“

Toll, dass du so offen und direkt über dein Leben mit Asperger-Syndrom erzählst! Das ist ein ausgezeichneter, analytischer Beitrag von dir. Dein Humor ist tatsächlich speziell, aber das ist ja gerade das Lustige und Außergewöhnliche an ihm, ich finde, dass du einen sehr guten Humor hast! 😀

Deine Jugendphase war demnach im Vergleich zu anderen Jugendlichen ruhiger und du bist in gewisser Weise früher erwachsen geworden, als andere Jugendliche. Dass du Liebe anfangs nicht wirklich nachvollziehen konntest, lag am Asperger-Syndrom. Dass es dir früher schwer fiel, Entscheidungen zu treffen, ist auch eine Folge des Asperger-Syndroms, da du mit diesem Syndrom immer auf Sicherheit und Struktur aus bist. Mit Spontanität würdest du eine sichere Struktur (alias Routine) verlassen und aus diesem Grund hast du damals Spontanität abgelehnt, doch wir beide wissen, dass sich dazwischen sehr geändert hat ;).

Dass du dann von Mobbing betroffen wurdest, war zu erwarten, da du dich stark von einem durchschnittlichen Jugendlichen unterschieden hast und deinen Altersgenossen zwar im Bereich Zwischenmenschlichkeit hinterher, aber in Bereichen wie innerer Reife voraus warst. Du sagst, dass dein Selbstbewusstsein damals alles andere als groß war, was sicherlich ein Hauptauslöser für das Mobbing war und welchen gleichzeitig durch das Mobbing immer wieder gedrückt wurde.

Stark, dass du das hier so offen, mutig und ehrlich schreibst und auch beschreibst, dass du viele Ängste hattest und dich der soziale Druck belastet hat.

Deine Faszination für Fantasyliteratur spürt man und es ist schön, dass du dich hier selbst verwirklicht hast und eigene Geschichten produzierst!

Ja, das Thema Liebe hast du inzwischen durchschaut und dein Beruf passt offensichtlich gut zu dir! Du hattest längere Zeit kaum Erfahrungen mit Liebe gemacht, doch das hat sich ja inzwischen geändert ;).

Du bist ein guter Analytiker! Du hast die richtige Entscheidung getroffen, nämlich, anstatt dich zu verstecken, sozusagen in die Offensive zu gehen, alles versuchen, zu verstehen und zu analysieren. 🙂

Bei mir war es genauso 2014, als ich kritisch gegenüber Religionen wurde! 😀 Ich war zwar auch davor nie besonders gläubig, aber eben ein bisschen. Doch mit 2014 hat sich das erfreulicherweise, genauso wie bei dir, stark geändert ;). Du hast du sehr gut erkannt, dass Religionen mit Ängsten und dem schönen Schein arbeiten, um Gläubige zu manipulieren und zu instrumentalisieren! Richtig, Gewissheit kann einem niemand geben, sondern man muss selbst die Verantwortung übernehmen und auch mal ein Risiko eingehen. Leben ist Risiko, aber genau das macht das Leben doch auch spannend ;).

Spontane Entscheidungen machen dir wirklich nichts mehr aus und in Smalltalk und Humor bist du zum Profi mutiert :D. Zu dem einschätzen, wann du ruhig sein solltest: Ich kann das verstehen, aber es ist wohl gut, wenn du auch mal die Konfrontation geschehen lässt, du musst nicht immer auf jeden Rücksicht nehmen ;)…klar, kann es dann auch sein, dass mal jemand an die Decke geht, aber vermutlich muss man das auch mal eingehen und seine Meinung weiterhin vertreten, auch wenn es dem anderen nicht passt. Ich kann dich hier absolut verstehen, ich möchte dir damit nur sagen, dass du dich in der Hinsicht gern auch noch etwas mehr trauen dürftest ;), wobei du das ja jetzt schon ein weitern Teilen tust und da große Fortschritte gemacht hast! 🙂

„Ich bin zufrieden und liebe es, die Welt zu analysieren – auch wenn sie grausam ist.“
Richtig ^^…Das ist eine gute Einstellung! Und die Grausamkeit der Welt kann man als gegeben ansehen oder man kann versuchen, es mit Humor zu nehmen, so bizarr das auch klingen mag ;).

„Selbst mit Asperger-Syndrom kann man durchs Leben kommen und sich weiterentwickeln“
Du hast dich extrem weiterentwickelt! Hoffentlich nehmen sich noch viele andere ein Beispiel an dir.

„Anders als der Durchschnitt bleibe ich und meine Defizite können mal mehr und mal weniger zum Vorschein kommen. Was ist daran so schlimm?“
Richtig, daran ist nichts schlimm! 🙂

„Ich bin froh, so zu sein wie ich bin.
Vielleicht ist Asperger-Syndrom eine Art um mit der verrückten Gesellschaft klarzukommen.“
Gut so! 🙂 Das ist ein humorvolles, aber auch tiefgründiges Resümee! Ich kann dich nur bestätigen!

Du bist auf einem super Weg! Du machst dein Ding, klasse! Toller Beitrag! Mach weiter so!! 😀 🙂

Alles Gute
Felix

Danke für dein Kommentar 🙂 ich bin selbst erfreut, dass ich meine Ängste und Macken so gut in den Griff bekommen habe.

Deine Faszination für Fantasyliteratur spürt man und es ist schön, dass du dich hier selbst verwirklicht hast und eigene Geschichten produzierst!

Ja die hatte ich damals sehr. Inzwischen bin ich auf düstere Politthriller übergegangen und werde spätestens nächstes Jahr den 1. Teil veröffentlichen.
Mal sehen wie dieser ankommt 😉
Das Schreiben höre ich sicher nicht so einfach auf 🙂 genauso wenig wie das Schach spielen 😀
Beim Schreiben von Geschichten schaffe ich es immer besser, emotionale Stellen recht gut zu schreiben.
Ich würde sagen, einen Teil der Entwicklung hat bei mir das Schreiben ausgemacht, weil ich dadurch schaffte meine Ängste und Probleme zu verarbeiten.
Obwohl als Kind der Psychologe meinte, der bei mir Asperger-Autismus diagnostiziert hat, dass ich niemals richtig lesen und schreiben kann – welch ein Irrtum 😀
Das Schreiben ist für mich in meiner Freizeit nicht mit Stress verbunden, sondern mit Entspannung.

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